Quelle: Wolfsburger Allgemeine Zeitung vom 02.10.2020
Masterplan Nordhoffachse: Politik tritt auf die Bremse
Was wird aus Kleingärten und Porschestraße? Abstimmung zurückgestellt, Entscheidung erst im Dezember
Von Steffen Schmidt
Heinrich-Nordhoff-Straße mit Blick auf das VW-Markenhochhaus: Der Masterplan Nordhoffachse soll Stadt und Werk enger verbinden. Die Politik will bei der Planung noch mal nachbessern.foto: Britta Schulze
Von Steffen Schmidt
Wolfsburg. Es ist das ambitionierteste Stadtentwicklungskonzept Wolfsburgs: Von der A39 im Westen bis zum St.-Annen-Knoten im Osten soll zwischen Heinrich-Nordhoff-Straße und dem VW-Werk in den nächsten Jahren und Jahrzehnten das neue Herzstück Wolfsburgs entstehen. Den Masterplan für das riesige Gebiet, das heute zu großem Teil durch graue VW-Parkplätze gekennzeichnet ist, legte die Stadt kürzlich vor. Doch so schnell wie geplant wird das Strategiepapier nicht verabschiedet. Die Politik sieht erhöhten Beratungsbedarf.
Stadtbaurat Kai-Uwe Hirschheide erläuterte die Planung am Donnerstag im Bauausschuss noch einmal in ihren Grundzügen. Demnach sind drei mischgenutzte Quartiere mit unterschiedlichen Schwerpunkten geplant. Das Quartier am Nordkopf, der VW-Campus gegenüber des VW-Markenhochhauses mit dem Fokus auf Arbeiten und einem neuem Regionalbahnhalt und das Quartier am Mittellandpark gegenüber Sandkamp mit dem Schwerpunkt Wohnen.
Entlang des Kanals soll ein grünes Band – inklusive neuer Parkanlage – für Naherholung sorgen, sogenannte „Fenster zum Werk“ sollen den Blick auf das Industriedenkmal VW-Werk sicherstellen. Ein neuer Bahnhalt in Höhe des VW-Hochhauses, eine Schnellbuslinie, eine Nordanbindung des VW-Werks und Park&Ride-Lösungen außerhalb der Stadt als Ersatz für die wegfallenden Parkplätze umreißen grob die verkehrlichen Planungen.
Mit den meisten Elementen konnte sich ein Großteil der Ausschussmitglieder anfreunden. Kritik gab es vor allem an der in der Masterplanung vorgesehen Möglichkeit, die Stadtteile Hageberg und Hohenstein bis an die Nordhoff-Straße heranrücken zu lassen. Auf diesen Flächen befinden sich derzeit Kleingärten. Das hat schon im Vorfeld der Sitzung für Kritik gesorgt, diese wurde nun wiederholt. Sowohl Andreas Schlick von der AfD als auch Wilfried Andacht von der CDU forderten, bereits im Rahmen der Masterplanung Ersatzflächen für die Kleingärtner in Aussicht zu stellen.
Hirschheide konnte ein wenig beruhigen. Man stehe mit den Kleingärtner in Kontakt und könne die Flächen eventuell auch mit ihnen zusammen entwickeln. Zudem betonte er mehrfach, dass es sich bei der Masterplanung um langfristige Entwicklungslinien handelt, die keineswegs in Stein gemeißelt sind. „Der Plan zeigt nur auf, was möglich ist“, sagte Hirschheide. Details würden später im Rahmen des städtebaulichen Konzepts und der Baupläne geregelt. Zudem wies er auf den Zeithorizont hin. Die Planung beziehe sich auf die nächsten 20 bis 30 Jahre.
Bedenken, die im Prinzip jede Fraktion teilte, gibt es in Bezug auf die Porschestraße. Diese könne, so die Angst der Politiker, durch das neue Zentrum am Nordkopf abgehängt werden. Man müsse die Entwicklung der Porschestraße deswegen genau im Auge behalten und in der Planung berücksichtigen, mahnte nicht nur Ralf Krüger von der SPD.
In diesem Zuge wurde auch deutlich, dass das Verhältnis zwischen dem Rat der Stadt und dem Investor Signa, der im ersten Schritt das Gebiet rund um den Bahnhof am Nordkopf entwickeln soll, nicht nur eitel Sonnenschein ist. Signa lege reichlich Tempo vor und schaffe nach derzeitigen Plänen am Nordkopf heftige Konkurrenz zum Rest der Innenstadt. Bastian Zimmermann (Linke) forderte sogar, sich nicht voll und ganz auf Signa festzulegen. Ihm gefalle nicht, wie fordernd sich der Großinvestor gegenüber der Stadt verhalte, sagte Zimmermann. Zudem verweigere sich Signa umweltfreundlichen Mobilitätskonzepten und setzte weiter stark auf Individualverkehr.
Jens Tönskötter (PUG) sprach einen anderen Punkt an. Habe Corona vielleicht gezeigt, dass Büroarbeitsplätze in Massen in Zukunft vielleicht nicht mehr nötig sind? „Im Februar war ich Feuer und Flamme, aber seitdem hat sich die Welt grundlegend verändert“ sagte er. Er forderte deswegen alle Ratsleute auf, sich noch einmal grundlegende Gedanken zu machen.
Zeit dafür haben sie jetzt. Dadurch, das der Ausschuss einem Antrag auf erste Lesung einstimmig zustimmte, geht die Vorlage zunächst einmal zurück in die politischen Fraktionen. Eine Entscheidung zum Masterplan ist damit erst im Dezember in Sicht und nicht wie ursprünglich geplant bereits im Oktober.
Geben Sie hier einen Text ein...