Bezirksverband der Kleingärtner Wolfsburg und Umgebung e.V.
Verfasst am 09.10.2020 um 19:29 Uhr

Nordhoffachse: Kleingärtner sind sauer

Quelle: Wolfsburger Nachrichten vom 09.10.2020


Nordhoffachse: Kleingärtner sind sauer 


Sie fühlen sich zu spät informiert und vermissen ein Konzept für ihre Anlagen an der Heinrich-Nordhoff-Straße.Stefanie Giesecke



Zahlreiche Kleingärtner drängten zur Sondersitzung dreier Ortsräte zur Masterplanung Nordhoffachse. Doch die wenigsten schafften es in die Aula des Ratsgymnasiums.  Helge Landmann   regios24


Wolfsburg  Eine Menschenmenge drängte sich am Donnerstagabend vor dem Wolfsburger Ratsgymnasium. „Lügner“, „Kein Abriss der Kleingärten“ und „Wolfsburg ist eine grüne Stadt“ stand auf Plakaten, die an der Außenmauer angebracht waren.

Die versammelten Kleingärtner der Vereine Bohlweg, Westersieck und Sonnenschein wollten in die Aula, wo drei Ortsräte ab 18 Uhr über die Masterplanung Nordhoff-achse und somit über die Zukunft eines großen Areals zwischen Autobahn 39 und St.-Annen-Knoten beraten sollten. Doch die meisten Bürger mussten draußen bleiben. Mit Verweis auf die pandemiebedingten Abstandsregeln wurden nur rund 40 Kleingärtner eingelassen.

Mit einer Viertelstunde Verspätung und unter dem Murren von Gartenfreunden, die gerne gleich losgeworden wären, was ihnen auf der Seele brannte, begann die Sitzung. Während unfreiwillig Draußengebliebene gegen die Tür bollerten, stellte Stadtbaurat Kai-Uwe Hirschheide die Ideen für Wohn- und Büroquartiere, neue Brücken und Grünanlagen vor.

Erstmals präsentierte er auch eine mögliche Zeitschiene. Danach dürfte bis etwa 2030 zunächst am Nordkopf und rund um den Hauptbahnhof gebaut werden und dort, wo sich heute die Kleingartenanlagen befinden, in den nächsten zehn Jahren noch gar nichts passieren. „Das ist ein sehr langfristiger Prozess“, sagte Hirschheide. „Die meisten hier werden das Ende nicht mehr erleben.“

Als die Sitzung unterbrochen wurde, damit sich die Kleingärtner äußern konnten, entluden sich Sorgen und Enttäuschung. Eine junge Frau, die in zweiter Generation einen Kleingarten bestellt, plädierte dafür, das, „was jahrzehntelang in liebevoller Kleinarbeit aufgebaut wurde“, nicht zu zerstören. Sie schlug Stadtverwaltung und Ortsräten vor, doch erst einmal freie Flächen am Forum Autovision und bei Sandkamp zu bebauen.

Ein anderer Kleingärtner führte an, dass der Pachtvertrag seines Vereins 99 Jahre Gültigkeit besitze. „Vertrag ist Vertrag!“, meinte er. Auch den vorgestellten Entwicklungsperspektiven konnte der Mann wenig abgewinnen. Wohnungen mit Blick auf die Bahngleise zu hohen Mieten, das wird seiner Meinung nach dabei herauskommen. „Der Masterplan hört sich für mich an wie ein Masterplan für Investoren, aber nicht für die Bürger der Stadt“, so sein Urteil.

Detlef Steiniker, Vorsitzender des Bezirksverbandes der Kleingärtner Wolfsburg und Umgebung, entschuldigte sich dafür, dass statt der erwarteten 30 oder 40 Kleingärtner rund 200 gekommen seien. „Wir hatten bei Weitem nicht mit so viel Solidarität gerechnet.“ Er betonte, dass der Bezirksverband und die Kleingartenvereine sich bis zum Jahresende ein Konzept mit Ersatzflächen wünschen, und kritisierte, dass die Stadtverwaltung eine Zusage, die Kleingärtner vorab zu informieren, nicht eingehalten habe: Der Anruf sei einen Tag, bevor die Zeitungen berichteten, gekommen.

Steinikers Amtsvorgänger Friedrich Grünberg ärgerte sich ebenfalls öffentlich darüber, dass die Vereinbarung anscheinend verloren gegangen sei. Er zog wissenschaftliche Argumente für den Erhalt der Wolfsburger Kleingärten heran: Eine Wissenschaftlerin aus Erfurt habe herausgefunden, dass das Volkswagenwerk ein Glutherd für die Stadt Wolfsburg sei und die Kleingartenvereine als Kühlfaktor dienten. „Betonschatten ist bis zu 6 Grad wärmer als Grünschatten“, so Grünberg.



Laut Masterplanung könnten die Flächen an der Heinrich-Nordhoff-Straße fast komplett bebaut werden. Stadt Wolfsburg                                                                       


Hintergrundinformationen zum Masterplan


Interessante Erklärungen zur Masterplanung liefert der Architekt Michael Heller vom Planungsbüro Albert Speer und Partner in vier Videopodcasts. Zu finden sind die Links online unter wolfsburg.de/nordhoffachse

Dort gibt es auch weitere Informationen rund um das Wolfsburger Megaprojekt. Etwa die drei Berichte zum Masterplan sowie die bislang vom Stadtrat getroffenen Entscheidungen.

Die Ortsräte Stadtmitte, Mitte-West und Kästorf/Sandkamp, der Planungs- und Bauausschuss sowie der Strategieausschuss werden voraussichtlich im November ihre Voten zum Masterplan abgeben, der Rat dann im Dezember.



    

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